Mobilität
Teilnahme am Straßenverkehr - Mobilität
Zu den einschneidensten Auswirkungen der Blindheit muss die Einschränkung der Bewegungsfreiheit als Folge der Behinderung gezählt werden. Nicht jedem Blinden ist es möglich, seinen Weg allein zu gehen. Besonders der motorisierte Straßenverkehr macht das Alleingehen zu einem Problem. Um diesem zu begegnen, bediente man sich schon in der Vergangenheit des Hundes als 'Hilfsmittel' zur Führung. Die Nützlichkeit des Hundes für den Blinden als Begleiter wurde auch seitens der Blindenselbsthilfeorganisationen früh erkannt.
Zur Ausbildung geeigneter Tiere wurde die Einrichtung und Unterhaltung von Führhundschulen gefördert. Vorführungen mit einem Blindenführhund fanden in Bielefeld erstmals 1918 statt. Der Blindenoberlehrer Gerling demonstrierte die Arbeitsweise und die Hilfen, die ein Hund dem Blinden zu bieten vermag. Inzwischen ist aber die Zahl der Führhundhalter stark zurückgegangen, nicht zuletzt als Folge des erheblich angewachsenen und dichten motorisierten Straßenverkehrs.
Um jedoch nicht völlig auf die Begleitung durch einen sehenden Menschen angewiesen zu sein, wird heute in zunehmendem Maße das aus den USA kommende Mobilitäts- und Orientierungstraining in Anspruch genommen. Die Ausbildung erfolgt durch besonders geschulte und anerkannte Trainer. Wesentlicher Bestandteil des Trainings ist die Pendeltechnik beim Gehen mit dem weißen Langstock. Gefördert werden während der Schulung auch die Ausnutzung der verbliebenen Sinne, um so die Orientierung im Straßenverkehr zu erleichtern.
Um den Blinden auch auf gefährliche Hindernisse in Kopf- und Brusthöhe aufmerksam zu machen, wurden elektronische Geräte entwickelt, die nach dem Fledermausprinzip arbeiten und die georteten Gegenstände akustisch anzeigen. Unterstützt und gefördert werden kann die Mobilität der Blinden - aber auch der Sehbehinderten - durch bauliche Gestaltung der Verkehrswege und Anbringung technischer Hilfen. Solche Hilfen können sein:
- unterschiedliche Pflasterung oder erhabene Leitlinien auf den Gehwegen, die zu Fußgängerüberwegen oder Ampelmasten hinführen,
- Ausrüstung von Lichtzeichenanlagen an schwierigen Straßenkreuzungen und Fußgängerüberwegen,
- Beibehaltung einer Tastkante an Überwegen, an denen die Bordsteinkante mit Rücksicht auf Rollstuhlfahrer abgesenkt wird usw...
Diese Maßnahmen sind im Behindertenplan für Bielefeld festgeschrieben und als vordringlich eingeordnet worden. Bei den vorbereitenden Beratungen zu diesem Plan hat der Blindenverein neben den übrigen Behindertenverbänden mitgewirkt.
Die erste Ausstattung einer Ampel mit akustischen Zusatzeinrichtungen für Blinde erfolgte im Jahr 1982 an der Straßenbahnhaltestelle Meller Straße, in der Nähe des Wohnhauses des WBV in der Weststraße. Gemeinsam mit dem Bund der Kriegsblinden Deutschlands e.V. - Bezirk Bielefeld - konnte in langwierigen Verhandlungen im Unterausschuss für Behindertenfragen und behindertengerechtes Bauen (jetzt Beirat für Menschen mit Behinderungen) und mit den zuständigen Fachämtern erreicht werden, dass laufend weitere Ampeln ausgerüstet werden sollten, und zwar schwerpunktmäßig zunächst im Innenstadtbereich.
Um es den Sehbehinderten zu ermöglichen, sich einen Überblick über das Stadtgebiet von Bielefeld, den Verlauf von Straßen und Eisenbahnlinien sowie die Lage öffentlicher Gebäude zu verschaffen, erarbeiteten Mitglieder des Blindenvereins zusammen mit einer Studentin der Fachhochschule Bielefeld - Fachbereich Design - einen Reliefstadtplan, bestehend aus 21 Einzelkarten. Die Finanzierung übernahm die Stadt Bielefeld. Inzwischen hat der Plan allerdings durch Neutrassierungen von Straßen und infolge anderer Sanierungsmaßnahmen seine Aktualität verloren.
Heute ist die Integration der Belange blinder und sehbehinderter Menschen in die Planung der bebauten Umwelt und des Verkehrs in Bielefeld bereits etabliert. Der BSVBi hat gemeinsam mit dem Bund der Kriegsblinden Deutschlands e.V. und der Pro Retina Bielefeld e.V. eine eigene Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich nur mit diesem Thema beschäftigt. Sie prüft die Planungen der Stadt und deren baulichen Ausführungen darauf, ob die Belange der Blinden und sehbehinderten Menschen entsprechend berücksichtigt worden sind.
Drei der Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sind im Behindertenbeirat der Stadt Bielefeld in unterschiedlichen Ausschüssen und Gremien vertreten.
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